Medieninformationen 2006 [LDD]
[50/2006 - 04.10.2006]
Dresdner Dynamo-Stadion: Deutliche Schieflage bei der Verteilung von Chancen und Risiken
Regierungspräsidium Dresden bewertet Vereinbarungen zwischen Dresden und HBM als nicht genehmigungsfähig
Das Regierungspräsidium Dresden (RP) kann eine Genehmigung für die Verträge zwischen der Landeshauptstadt Dresden und der Bietergemeinschaft HBM zum Ersatzneubau des Rudolf-Harbig-Stadions (RHS) in der bislang ausgehandelten Fassung nicht erteilen.
Für den Stadionneubau sind Vereinbarungen vorbereitet worden, die für die Stadt mit erheblichen, sehr langfristig wirkenden Risiken und Kosten verbunden sind. Gleichzeitig sind konkrete Mitnutzungs- und Mitspracherechte der Stadt beim künftigen Stadionbetrieb nicht transparent geregelt. Demgegenüber wird der private Investor HBM von den unternehmerischen Risiken des Vorhabens praktisch freigestellt, umgekehrt aber de facto allein bestimmend für den künftigen Stadionbetrieb. Diese für die Landeshauptstadt ungünstige Verteilung von Chancen und Risiken steht einer Genehmigung derzeit grundsätzlich entgegen.
Darüber hinaus fehlen bei den von der Stadt zur Prüfung vorgelegten Vereinbarungen Nachweise, die im Genehmigungsverfahren zwingend erforderlich sind.
Im Einzelnen beanstandet das Regierungspräsidium in einem Schreiben an die Stadt die folgenden Punkte:
1. Die Stadt beabsichtigt für das Privatunternehmen HBM eine Bürgschaft in Höhe der vollen Investitionssumme für das Vorhaben „Neubau RHS“ zu übernehmen. Eine solche Bürgschaft stellt jedoch eine Beihilfe dar, die durch die Europäische Union in Form einer Notifizierung nach EU-Beihilferecht zu genehmigen ist. Diese Notifizierung ist bisher nicht erfolgt; sie käme nach dem EU-Beihilferecht auch nur in Höhe von maximal 80 Prozent der Gesamtkosten des Vorhabens in Betracht. Neben der Bürgschaftssumme wäre auch die Laufzeit der Bürgschaft vor einer Genehmigung deutlich zu reduzieren.
2. Zur Herstellung der Genehmigungsfähigkeit der städtischen Bürgschaft fordert das RP eine Vertragsgestaltung, die sicherstellt, dass die künftige Nutzung des Stadions in erheblichem Umfang auch der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, beispielsweise der Durchführung des Sportunterrichts städtischer Schulen oder herkömmlicher kultureller Veranstaltungen, dient. Die Erforderlichkeit des geplanten Ersatzneubaus wäre zudem mit einem Verzicht auf bisher für die Erfüllung der vorgenannten Aufgaben genutzte städtische Einrichtungen zu belegen.
Da mit kommunalen Bürgschaften grundsätzlich die Risiken eigener Vorhaben und nicht die privater Unternehmen gesichert werden dürfen, empfiehlt das RP der Stadt, sich selbst in nicht unerheblichem Umfang an dem Unternehmen HBM zu beteiligen und sich vertraglich hinreichende Einfluss- und Kontrollrechte einräumen zu lassen.
3. Die von der Stadt zur Prüfung vorgelegte Vertragskonstruktion sieht die mehrfache Sicherung der Investitionssumme von HBM durch eine Bürgschaft, durch garantierte jährliche Betriebszuschüsse und zusätzlich durch Grundpfandrechte am Areal des RHS vor. Nach dem von der Stadt vor wenigen Tagen vorgelegten Vertragsmuster ist zudem eine selbstschuldnerische Bürgschaft unter Verzicht auf jegliche Abwehrrechte des Bürgen beabsichtigt. Das RP betrachtet dem gegenüber – und zwar unter Berücksichtigung der bereits oben genannten Bedingungen – allenfalls die sonst auch übliche Sicherung der Baukosten in Form einer kommunalen Ausfallbürgschaft genehmigungsrechtlich als akzeptabel.
4. Bislang fehlt die zur Beurteilung des Gesamtvorhabens grundlegende Wirtschaftlichkeitsberechnung des gewählten Finanzierungsweges einschließlich einer für den Wirtschaftlichkeitsvergleich erforderlichen Parallelausschreibung. Darin wäre nachzuweisen, dass die gewählte Vertragsgestaltung in Form eines kreditähnlichen Rechtsgeschäftes für die Stadt günstiger als andere Finanzierungsformen des Neubauvorhabens ist.
Die aufgeführten schwerwiegenden Mängel der vorgelegten Vereinbarungen zwischen der Landeshauptstadt Dresden und dem Konsortium HBM zum Vorhaben „Neubau RHS“ lassen eine Genehmigung durch die Kommunalaufsicht gegenwärtig nicht zu. Das RP empfiehlt der Landeshauptstadt Dresden deshalb in seinem Schreiben eine Rücknahme ihres Antrags auf Genehmigung des gesamten Finanzierungsvorhabens, die Überarbeitung des Vertragsentwurfes und eine erneute Antragstellung mit genehmigungsfähigen und vollständigen Unterlagen.