Tierseuchenbekämpfung
[01.08.2023] [25-5133/125/28]
Öffentliche Bekanntmachung der Landesdirektion
Sachsen für die Landkreise Görlitz, Bautzen, Meißen, Sächsische Schweiz-Osterzgebirge und die Landeshauptstadt Dresden
ASP – Informations- und Kennzeichnungspflicht für in der Sperrzone II gewonnene Futtermittel
Tierseuchenverhütung und -bekämpfung
Afrikanische Schweinepest (ASP)
Anordnung einer Informations- und Kennzeichnungspflicht für in der Sperrzone II gewonnene Futtermittel vom 1. August 2023
Die Landesdirektion Sachsen erlässt folgende
Auf Grund der Feststellung des Ausbruches der Afrikanischen Schweinepest (ASP) bei Wildschweinen im Freistaat Sachsen werden nachstehende Maßnahmen bekannt gegeben und verfügt:
Begründung
I. Sachverhalt
Auf dem Gebiet des Freistaates Sachsen wurden am 31. Oktober 2020 in der Gemeinde Krauschwitz OT Pechern (Landkreis Görlitz) erstmals die ASP bei Wildschweinen amtlich festgestellt. Konzentrierte sich das ursprüngliche Seuchengeschehen zunächst auf grenznahe Flächen entlang errichteten Wildschweinabwehrbarrieren an Neiße, ist nunmehr ein aktives Seuchengeschehen nahezu auf allen Flächen der Sperrzone II im Landkreis Görlitz und Bautzen festzustellen. Bisher wurden rund 400 ASP-Fälle bei Wildschweinen bestätigt.
Zur Bekämpfung der ASP wurden Restriktionsgebiete festgelegt, eine Sperrzone II (gefährdetes Gebiet) für das infizierte Gebiet und als weitere Sperrzone eine Sperrzone I (Pufferzone), festgelegt. Die durch die Allgemeinverfügung der Landesdirektion Sachsen vom 19. Juli 2023, Az.: 25-5133/125/48, festgelegte Sperrzone II umfasst die gesamten Landkreise Görlitz und Bautzen, Teile der Landkreise Meißen und Sächsische Schweiz-Osterzgebirge sowie der Landeshauptstadt Dresden.
Weitere Informationen (Links u. a. zu den Allgemeinverfügungen und Kartenmaterial) s. Aktuelles zur Afrikanischen Schweinepest - Tierschutz und Tiergesundheit - sachsen.de.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) kommt zum Schluss, dass Futtermittel aus Gebieten, in denen die ASP präsent ist, ein Überträger der Erkrankung sein können. So sieht sie besonders für Heu, Stroh und Getreide die Möglichkeit der Kontamination dadurch, dass tote Wildschweinkörper in das geerntete Futter gelangen können oder Ausscheidungen von infizierten Tieren die Feldfrüchte noch vor der Ernte kontaminieren.
II. Rechtliche Würdigung
Die Landesdirektion Sachsen ist örtlich zuständig. Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 1 Abs. 2 i. V. m. Abs. 5 S. 1 des Sächsisches Ausführungsgesetzes zum Tiergesundheitsgesetz (SächsAGTierGesG) vom 9. Juli 2014.
Die in der Sperrzone II verbreitete Afrikanische Schweinepest bei Wildschweinen stellt für die Hausschweinpopulation eine erhebliche Gefahr dar. Deshalb muss eine Einschleppung in Hausschweinbestände in Sachsen und Deutschland verhindert werden. Sie ist mit erheblichen Einschränkungen und existenzgefährdenden Verlusten für die schweinehaltenden Betriebe in Sachsen verbunden. Aufgrund der überregionalen Bedeutung und der Ausbreitungstendenz der ASP im Wildschweinebestand im Freistaat Sachsen übernimmt die Landesdirektion Sachsen die Aufgaben der Lebensmittelüberwachungs- und Veterinärämter der Landkreise und Kreisfreien Städte aus § 1 Abs. 2 SächsAGTierGesG bei der Durchführung des TierGesG. Die Übernahme der Aufgaben beschränkt sich auf die Anordnung Informations- und Kennzeichnungspflichten, da Art und Umfang der Seuchengefahr dies erfordern und diese Anordnungen sachgerecht nur einheitlich geregelt werden können.
Zu 1 bis 4.
Bei der ASP handelt es sich um eine gelistete Seuche gemäß Art. 9 Abs. 1 lit. a) i. V. m. Art. 5 Abs. 1 lit. a) iii) der Verordnung (EU) 2016/429. Diese wurde durch virologische Untersuchungen bei Wildschweinen amtlich festgestellt. Im Rahmen der Fallwildsuche und der Entnahme in der Sperrzone II wurden Proben von zahlreichen Tierkörpern bzw. Tierkörperteilen entnommen. Die anschließenden Untersuchungen ergaben bisher über 400 positive Befunde auf ASP. Mit der Allgemeinverfügung der Landesdirektion Sachsen vom 19. Juli 2023, Az.: 25-5133/125/48 wurde daher die Sperrzone II und zugleich die infizierte Zone festgelegt.
Anhaltspunkte für eine Kontamination sind gegeben, wenn vor, während oder unmittelbar nach der Ernte tote Wildschweine in dem jeweiligen Schlag oder in der unmittelbaren Umgebung des Schlages gefunden werden und insbesondere, wenn es bei der Ernte zu einer Aufnahme toter Wildschweine in die Erntetechnik gekommen ist. Informationen zu bisherigen ASP-Fällen bei Wildschweinen auf dem betreffenden Schlag bzw. der unmittelbarer Umgebung können über die interaktive Karte, die unter Aktuelles zur Afrikanischen Schweinepest - Tierschutz und Tiergesundheit - sachsen.de abgefragt werden. Dabei ist die Aktualität der Karte zu berücksichtigen. Im Zweifelsfall kann die Information zur aktuellen Lage beim örtlich zuständigen Landratsamt eingeholt werden.
Der Erreger ist gegenüber Umwelteinflüssen sehr widerstandsfähig, er bleibt auch während des Verwesungsprozesses des Schweins mehrere Wochen bis Monate infektiös. Die Übertragung des Virus erfolgt über Kadaverteile, Blut und andere Körperflüssigkeiten. Wenn diese in Kontakt mit dem Erntegut kommen, kann eine Kontamination erfolgen.
Die Funde von Wildschweinkadavern sind gemäß § 2 Abs. 1 SächsJagdG dem Jagdausübungsberechtigten, dem örtlich zuständigen Landratsamt oder einer Polizeidienststelle anzuzeigen. Diese informieren dann den Jagdausübungsberechtigten. Es werden Proben entnommen und untersucht. Ergibt die Untersuchung der Probe einen positiven Befund auf ASP, ist aufgrund der dargelegten Widerstandsfähigkeit des Virus eine Kontamination der geernteten Feldfrüchte aus dem betroffenen Schlag anzunehmen.
Der Landwirt, der pflanzliche Futtermittel erntet, ist Futtermittelunternehmer. Ihn treffen bestimmte Sorgfaltspflichten.
Art. 15 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 haben folgenden Wortlaut:
Bei Feldfrüchten, die in einem Schlag geerntet wurden, in dem oder in dessen unmittelbarer Nähe ein positiv auf ASP getestetes Wildschwein gefunden wurde, ist davon auszugehen, dass diese Feldfrüchte kontaminiert sind. Wenn die Feldfrüchte als Futtermittel für Schweine dienen sollen, kann der Virus bei der Verfütterung an Schweine übertragen werden.
Von einer Kontamination ist nicht nur dann auszugehen, wenn das verendete Wildschwein bei der Ernte von der Erntemaschine mit aufgenommen wurde. Die Übertragung erfolgt durch Blut und Ausscheidungen eines infizierten Tieres. Die Infektion führt in der Regel zum Tod des Tieres. Nach der Infektion bewegen sich infizierte Wildschweine noch einige Zeit weiter. Erst zum Ende hin ziehen sie sich zurück. Bei Fund eines toten, mit ASP infizierten, Wildschweines ist daher davon auszugehen, dass es sich in dem Schlag länger aufgehalten hat und durch seine Ausscheidungen die Feldfrüchte kontaminiert hat.
Es liegt entsprechend des Grundgedankens des Futtermittelrechts in der Eigenverantwortung des Futtermittelunternehmers, das Risiko für seine Futtermittel einzuschätzen und geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Sicherheit seiner Futtermittel zu gewährleisten. Gegebenenfalls haftet der Unternehmer auch für Schäden, die durch sein Futter entstehen.
Bei der Aufnahme des Virus durch andere Tiere als Schweine ist kein Risiko der Übertragung anzunehmen, da andere Tierarten für das Virus nicht empfänglich sind und dass Virus die Darmpassage nicht übersteht.
Die Sorgfaltspflicht des Futtermittelunternehmers gebietet es auch, potentiellen Erwerbern im Fall der Ziffer 1 mitzuteilen, dass das pflanzliche Futtermittel aus der Sperrzone II stammt und daher nicht ohne eine risikominimierende Behandlung an Schweine sicher verfüttert werden kann.
Diese Informations- und Kennzeichnungspflicht soll sicherstellen, dass der Schweinehalter seine eigene Sorgfaltspflicht erfüllen kann.
Die Sorgfaltspflicht des Schweinhalters folgt aus § 3 Nr. 1 Tiergesundheitsgesetz. Danach hat der Halter von Schweinen dafür Sorge zu tragen, dass Tierseuchen weder in seinen Bestand eingeschleppt noch aus seinem Bestand verschleppt werden.
Dies kann er nur, wenn er über die Herkunft des pflanzlichen Futtermittels informiert ist.
Ist der Landwirt zugleich Halter von Schweinen, treffen ihn ebenfalls die Sorgfaltspflichten nach § 3 Nr. 1 Tiergesundheitsgesetz. Eine Verfütterung kontaminierter, pflanzlicher Futtermittel an seine eigenen Schweine wäre sorgfaltspflichtwidrig und könnte beim Ausbruch der ASP im Betrieb zum Entfallen der Ausgleichsansprüche bei der Tierseuchenkasse führen.
Bei Durchführung einer risikomindernden Behandlung, die das Virus sicher abtötet, kann die Verfütterung der pflanzlichen Futtermittel an Schweine als sicher angesehen werden. Eine Information oder Kennzeichnung bei Angabe ist dann nicht erforderlich.
Konkrete Vorgaben für Gras, Heu und Stroh, die in der Sperrzone II gewonnen wurden, folgen aus § 14d Abs. 5 Nr. 5 der SchwPestV. Danach darf Gras, Heu und Stroh, das im gefährdeten Gebiet (nunmehr Sperrzone II) gewonnen worden ist, nicht zur Verfütterung an oder als Einstreu oder Beschäftigungsmaterial für Schweine verwendet werden. Das Verbot gilt nicht für Gras, Heu und Stroh, das
Zu 5.
Die Bekanntgabe der Allgemeinverfügung erfolgt auf der Grundlage des § 1 des Gesetzes zur Regelung des Verwaltungsverfahrens und des Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen (SächsVwVfZG) i. V. m. § 41 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). Danach gilt eine Allgemeinverfügung zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In der Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag, bestimmt werden (§ 41 Abs. 4 Satz 4 VwVfG). Von dieser Ermächtigung wurde unter Ziffer 5 dieser Allgemeinverfügung Gebrauch gemacht, da die angeordneten tierseuchenrechtlichen Maßnahmen keinen Aufschub dulden.
Die Bekanntmachung erfolgt nach § 41 Abs. 4 S. 1 und 2 VwVfG durch die ortsübliche Bekanntmachung des verfügenden Teils. Aufgrund der Eilbedürftigkeit der Regelungen, mit Blick auf den Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit dem Gebiet des Freistaates Sachsen, erfolgt die ortsübliche Bekanntmachung als Notbekanntmachung nach Nr. 2 a der Bekanntmachung der Landesdirektion Sachsen zur Vereinheitlichung der Form der ortsüblichen Bekanntmachung von Allgemeinverfügungen der Landesdirektion Sachsen (Sächsisches Amtsblatt 2019, Nr. 22, S. 826) auf der Internetseite der Landesdirektion Sachsen unter Startseite | Das Bekanntmachungsportal der Landesdirektion Sachsen. Die vollständige Begründung kann unter der genannten Internetadresse und in den oben genannten Dienststellen der Landesdirektion Sachsen zu den üblichen Geschäftszeiten eingesehen werden (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 29. Mai 2018 – 1 KN 53/17 –, Rn. 21, juris). Die Allgemeinverfügung wird nachrichtlich im Sächsischen Amtsblatt wiedergegeben.
Bei der Bekanntgabe durch ortsübliche Bekanntmachung ist zu berücksichtigen, dass vorliegend der Adressatenkreis so groß ist, dass er, bezogen auf Zeit und Zweck der Regelung, vernünftigerweise nicht mehr in Form einer Einzelbekanntgabe angesprochen werden kann. Von einer Anhörung wurde daher auf der Grundlage des § 28 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG abgesehen.
Zu 6.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 11 Abs. 1 Nr. 5 des Verwaltungskostengesetzes des Freistaates Sachsen (SächsVwKG).
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe schriftlich oder zur Niederschrift Widerspruch eingelegt werden bei der Landesdirektion Sachsen, Altchemnitzer Straße 41, 09120 Chemnitz, oder den Dienststellen der Landesdirektion Sachsen in Dresden, Stauffenbergallee 2, 01099 Dresden, oder in Leipzig, Braustraße 2, 04107 Leipzig. Die Schriftform kann durch die elektronische Form ersetzt werden. Der elektronischen Form genügt ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Die Schriftform kann auch ersetzt werden durch Versendung eines elektronischen Dokuments mit der Versandart nach
§ 5 Abs. 5 des De-Mail-Gesetzes. Die Adressen und die technischen Anforderungen für die Übermittlung elektronischer Dokumente sind über die Internetseite www.lds.sachsen.de/kontakt abrufbar.
Dresden, den 1. August 2023
Landesdirektion Sachsen
Dr. Tobias Elflein
In Stellvertretung des Referatsleiters Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung
Rechtsgrundlagen:
Hinweis:
Als risikomindernde Behandlung für Getreide kommen unter anderem die folgenden Behandlungen in Betracht:
Allgemeinverfügung
zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP)
Auf Grund der Feststellung des Ausbruches der Afrikanischen Schweinepest (ASP) bei Wildschweinen im Freistaat Sachsen werden nachstehende Maßnahmen bekannt gegeben und verfügt:
- Werden bei der Ernte von Feldfrüchten in der Sperrzone II Anhaltspunkte festgestellt, die auf eine Kontamination der geernteten Feldfrüchte mit dem Virus der Afrikanischen Schweinepest schließen lassen, hat der Landwirt sicherzustellen, dass keine Verfütterung dieser Feldfrüchte an Schweine in seiner oder anderen Schweinehaltungen erfolgt, ohne dass eine risikomindernde Behandlung durchgeführt wurde.
- Anhaltspunkte für eine Kontamination liegen vor, wenn vor, während oder unmittelbar nach der Ernte tote Wildschweine in dem Schlag oder in der unmittelbaren Umgebung des Schlages vorgefunden werden oder bei der Ernte durch die Erntemaschine mit aufgenommen wurden. Solche Funde sind dem Jagdausübungsberechtigten, dem örtlich zuständigen Landratsamt oder einer Polizeidienststelle anzuzeigen. Es werden dann Proben entnommen und untersucht. Ergibt die Untersuchung der Probe einen positiven Befund auf ASP, ist von einer Kontamination der geernteten Feldfrüchte aus dem betroffenen Schlag auszugehen.
- Bei Inverkehrbringen von Feldfrüchten, die unter Ziffer 1 fallen, hat der Inverkehrbringer den Abnehmer darüber zu informieren, dass die Feldfrüchte in der Sperrzone II gewonnen wurden und daher nicht ohne risikomindernde Behandlung als Futtermittel für Schweine verwendet werden können.
Die jeweilige Partie der betroffenen Feldfrüchte ist, wenn keine risikomindernde Behandlung (vgl. dazu im Einzelnen die Hinweise zu dieser Allgemeinverfügung) erfolgt, wie folgt zu kennzeichnen:
Herkunft des Erzeugnisses: Sperrzone II
Nicht als Futtermittel für Schweine verwenden.
Herkunft des Erzeugnisses: Sperrzone II
Nicht als Futtermittel für Schweine verwenden.
- Die Vorgaben für Gras, Heu und Stroh, nach § 14d Abs. 5 Nr. 5 Schweinepest-Verordnung bleiben unberührt.
- Diese Allgemeinverfügung wird als Notbekanntmachung auf der Internetseite der Landesdirektion Sachsen unter http://www.lds.sachsen.de/Bekanntmachung verkündet und tritt am Tage nach ihrer Bekanntgabe in Kraft.
Der vollständige Inhalt der Allgemeinverfügung kann neben der Internetseite der Landesdirektion Sachsen unter http://www.lds.sachsen.de/Bekanntmachung auch zu den Geschäftszeiten in der
Dienststelle der Landesdirektion Sachsen in Dresden,
Stauffenbergallee 2, 01099 Dresden,
Dienststelle der Landesdirektion Sachsen in Leipzig,
Braustraße 2, 04107 Leipzig,
Dienststelle der Landesdirektion Sachsen in Chemnitz,
Altchemnitzer Straße 41, 09120 Chemnitz
eingesehen werden.
Dienststelle der Landesdirektion Sachsen in Dresden,
Stauffenbergallee 2, 01099 Dresden,
Dienststelle der Landesdirektion Sachsen in Leipzig,
Braustraße 2, 04107 Leipzig,
Dienststelle der Landesdirektion Sachsen in Chemnitz,
Altchemnitzer Straße 41, 09120 Chemnitz
eingesehen werden.
- Für diese Allgemeinverfügung werden keine Kosten erhoben.
Begründung
I. Sachverhalt
Auf dem Gebiet des Freistaates Sachsen wurden am 31. Oktober 2020 in der Gemeinde Krauschwitz OT Pechern (Landkreis Görlitz) erstmals die ASP bei Wildschweinen amtlich festgestellt. Konzentrierte sich das ursprüngliche Seuchengeschehen zunächst auf grenznahe Flächen entlang errichteten Wildschweinabwehrbarrieren an Neiße, ist nunmehr ein aktives Seuchengeschehen nahezu auf allen Flächen der Sperrzone II im Landkreis Görlitz und Bautzen festzustellen. Bisher wurden rund 400 ASP-Fälle bei Wildschweinen bestätigt.
Zur Bekämpfung der ASP wurden Restriktionsgebiete festgelegt, eine Sperrzone II (gefährdetes Gebiet) für das infizierte Gebiet und als weitere Sperrzone eine Sperrzone I (Pufferzone), festgelegt. Die durch die Allgemeinverfügung der Landesdirektion Sachsen vom 19. Juli 2023, Az.: 25-5133/125/48, festgelegte Sperrzone II umfasst die gesamten Landkreise Görlitz und Bautzen, Teile der Landkreise Meißen und Sächsische Schweiz-Osterzgebirge sowie der Landeshauptstadt Dresden.
Weitere Informationen (Links u. a. zu den Allgemeinverfügungen und Kartenmaterial) s. Aktuelles zur Afrikanischen Schweinepest - Tierschutz und Tiergesundheit - sachsen.de.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) kommt zum Schluss, dass Futtermittel aus Gebieten, in denen die ASP präsent ist, ein Überträger der Erkrankung sein können. So sieht sie besonders für Heu, Stroh und Getreide die Möglichkeit der Kontamination dadurch, dass tote Wildschweinkörper in das geerntete Futter gelangen können oder Ausscheidungen von infizierten Tieren die Feldfrüchte noch vor der Ernte kontaminieren.
II. Rechtliche Würdigung
Die Landesdirektion Sachsen ist örtlich zuständig. Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 1 Abs. 2 i. V. m. Abs. 5 S. 1 des Sächsisches Ausführungsgesetzes zum Tiergesundheitsgesetz (SächsAGTierGesG) vom 9. Juli 2014.
Die in der Sperrzone II verbreitete Afrikanische Schweinepest bei Wildschweinen stellt für die Hausschweinpopulation eine erhebliche Gefahr dar. Deshalb muss eine Einschleppung in Hausschweinbestände in Sachsen und Deutschland verhindert werden. Sie ist mit erheblichen Einschränkungen und existenzgefährdenden Verlusten für die schweinehaltenden Betriebe in Sachsen verbunden. Aufgrund der überregionalen Bedeutung und der Ausbreitungstendenz der ASP im Wildschweinebestand im Freistaat Sachsen übernimmt die Landesdirektion Sachsen die Aufgaben der Lebensmittelüberwachungs- und Veterinärämter der Landkreise und Kreisfreien Städte aus § 1 Abs. 2 SächsAGTierGesG bei der Durchführung des TierGesG. Die Übernahme der Aufgaben beschränkt sich auf die Anordnung Informations- und Kennzeichnungspflichten, da Art und Umfang der Seuchengefahr dies erfordern und diese Anordnungen sachgerecht nur einheitlich geregelt werden können.
Zu 1 bis 4.
Bei der ASP handelt es sich um eine gelistete Seuche gemäß Art. 9 Abs. 1 lit. a) i. V. m. Art. 5 Abs. 1 lit. a) iii) der Verordnung (EU) 2016/429. Diese wurde durch virologische Untersuchungen bei Wildschweinen amtlich festgestellt. Im Rahmen der Fallwildsuche und der Entnahme in der Sperrzone II wurden Proben von zahlreichen Tierkörpern bzw. Tierkörperteilen entnommen. Die anschließenden Untersuchungen ergaben bisher über 400 positive Befunde auf ASP. Mit der Allgemeinverfügung der Landesdirektion Sachsen vom 19. Juli 2023, Az.: 25-5133/125/48 wurde daher die Sperrzone II und zugleich die infizierte Zone festgelegt.
Anhaltspunkte für eine Kontamination sind gegeben, wenn vor, während oder unmittelbar nach der Ernte tote Wildschweine in dem jeweiligen Schlag oder in der unmittelbaren Umgebung des Schlages gefunden werden und insbesondere, wenn es bei der Ernte zu einer Aufnahme toter Wildschweine in die Erntetechnik gekommen ist. Informationen zu bisherigen ASP-Fällen bei Wildschweinen auf dem betreffenden Schlag bzw. der unmittelbarer Umgebung können über die interaktive Karte, die unter Aktuelles zur Afrikanischen Schweinepest - Tierschutz und Tiergesundheit - sachsen.de abgefragt werden. Dabei ist die Aktualität der Karte zu berücksichtigen. Im Zweifelsfall kann die Information zur aktuellen Lage beim örtlich zuständigen Landratsamt eingeholt werden.
Der Erreger ist gegenüber Umwelteinflüssen sehr widerstandsfähig, er bleibt auch während des Verwesungsprozesses des Schweins mehrere Wochen bis Monate infektiös. Die Übertragung des Virus erfolgt über Kadaverteile, Blut und andere Körperflüssigkeiten. Wenn diese in Kontakt mit dem Erntegut kommen, kann eine Kontamination erfolgen.
Die Funde von Wildschweinkadavern sind gemäß § 2 Abs. 1 SächsJagdG dem Jagdausübungsberechtigten, dem örtlich zuständigen Landratsamt oder einer Polizeidienststelle anzuzeigen. Diese informieren dann den Jagdausübungsberechtigten. Es werden Proben entnommen und untersucht. Ergibt die Untersuchung der Probe einen positiven Befund auf ASP, ist aufgrund der dargelegten Widerstandsfähigkeit des Virus eine Kontamination der geernteten Feldfrüchte aus dem betroffenen Schlag anzunehmen.
Der Landwirt, der pflanzliche Futtermittel erntet, ist Futtermittelunternehmer. Ihn treffen bestimmte Sorgfaltspflichten.
Art. 15 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 haben folgenden Wortlaut:
(1) Futtermittel, die nicht sicher sind, dürfen nicht in Verkehr gebracht oder an der Lebensmittelgewinnung dienende Tiere verfüttert werden.
(2) Futtermittel gelten als nicht sicher in Bezug auf den beabsichtigten Verwendungszweck, wenn davon auszugehen ist, dass sie
(2) Futtermittel gelten als nicht sicher in Bezug auf den beabsichtigten Verwendungszweck, wenn davon auszugehen ist, dass sie
- die Gesundheit von Mensch oder Tier beeinträchtigen können;
Bei Feldfrüchten, die in einem Schlag geerntet wurden, in dem oder in dessen unmittelbarer Nähe ein positiv auf ASP getestetes Wildschwein gefunden wurde, ist davon auszugehen, dass diese Feldfrüchte kontaminiert sind. Wenn die Feldfrüchte als Futtermittel für Schweine dienen sollen, kann der Virus bei der Verfütterung an Schweine übertragen werden.
Von einer Kontamination ist nicht nur dann auszugehen, wenn das verendete Wildschwein bei der Ernte von der Erntemaschine mit aufgenommen wurde. Die Übertragung erfolgt durch Blut und Ausscheidungen eines infizierten Tieres. Die Infektion führt in der Regel zum Tod des Tieres. Nach der Infektion bewegen sich infizierte Wildschweine noch einige Zeit weiter. Erst zum Ende hin ziehen sie sich zurück. Bei Fund eines toten, mit ASP infizierten, Wildschweines ist daher davon auszugehen, dass es sich in dem Schlag länger aufgehalten hat und durch seine Ausscheidungen die Feldfrüchte kontaminiert hat.
Es liegt entsprechend des Grundgedankens des Futtermittelrechts in der Eigenverantwortung des Futtermittelunternehmers, das Risiko für seine Futtermittel einzuschätzen und geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Sicherheit seiner Futtermittel zu gewährleisten. Gegebenenfalls haftet der Unternehmer auch für Schäden, die durch sein Futter entstehen.
Bei der Aufnahme des Virus durch andere Tiere als Schweine ist kein Risiko der Übertragung anzunehmen, da andere Tierarten für das Virus nicht empfänglich sind und dass Virus die Darmpassage nicht übersteht.
Die Sorgfaltspflicht des Futtermittelunternehmers gebietet es auch, potentiellen Erwerbern im Fall der Ziffer 1 mitzuteilen, dass das pflanzliche Futtermittel aus der Sperrzone II stammt und daher nicht ohne eine risikominimierende Behandlung an Schweine sicher verfüttert werden kann.
Diese Informations- und Kennzeichnungspflicht soll sicherstellen, dass der Schweinehalter seine eigene Sorgfaltspflicht erfüllen kann.
Die Sorgfaltspflicht des Schweinhalters folgt aus § 3 Nr. 1 Tiergesundheitsgesetz. Danach hat der Halter von Schweinen dafür Sorge zu tragen, dass Tierseuchen weder in seinen Bestand eingeschleppt noch aus seinem Bestand verschleppt werden.
Dies kann er nur, wenn er über die Herkunft des pflanzlichen Futtermittels informiert ist.
Ist der Landwirt zugleich Halter von Schweinen, treffen ihn ebenfalls die Sorgfaltspflichten nach § 3 Nr. 1 Tiergesundheitsgesetz. Eine Verfütterung kontaminierter, pflanzlicher Futtermittel an seine eigenen Schweine wäre sorgfaltspflichtwidrig und könnte beim Ausbruch der ASP im Betrieb zum Entfallen der Ausgleichsansprüche bei der Tierseuchenkasse führen.
Bei Durchführung einer risikomindernden Behandlung, die das Virus sicher abtötet, kann die Verfütterung der pflanzlichen Futtermittel an Schweine als sicher angesehen werden. Eine Information oder Kennzeichnung bei Angabe ist dann nicht erforderlich.
Konkrete Vorgaben für Gras, Heu und Stroh, die in der Sperrzone II gewonnen wurden, folgen aus § 14d Abs. 5 Nr. 5 der SchwPestV. Danach darf Gras, Heu und Stroh, das im gefährdeten Gebiet (nunmehr Sperrzone II) gewonnen worden ist, nicht zur Verfütterung an oder als Einstreu oder Beschäftigungsmaterial für Schweine verwendet werden. Das Verbot gilt nicht für Gras, Heu und Stroh, das
- früher als sechs Monate vor der Festlegung des gefährdeten Gebietes gewonnen worden ist,
- vor der Verwendung mindestens für sechs Monate vor Wildschweinen sicher geschützt gelagert
- oder für mindestens 30 Minuten einer Hitzebehandlung bei mindestens 70° C unterzogen wurde.
Zu 5.
Die Bekanntgabe der Allgemeinverfügung erfolgt auf der Grundlage des § 1 des Gesetzes zur Regelung des Verwaltungsverfahrens und des Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen (SächsVwVfZG) i. V. m. § 41 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). Danach gilt eine Allgemeinverfügung zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In der Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag, bestimmt werden (§ 41 Abs. 4 Satz 4 VwVfG). Von dieser Ermächtigung wurde unter Ziffer 5 dieser Allgemeinverfügung Gebrauch gemacht, da die angeordneten tierseuchenrechtlichen Maßnahmen keinen Aufschub dulden.
Die Bekanntmachung erfolgt nach § 41 Abs. 4 S. 1 und 2 VwVfG durch die ortsübliche Bekanntmachung des verfügenden Teils. Aufgrund der Eilbedürftigkeit der Regelungen, mit Blick auf den Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit dem Gebiet des Freistaates Sachsen, erfolgt die ortsübliche Bekanntmachung als Notbekanntmachung nach Nr. 2 a der Bekanntmachung der Landesdirektion Sachsen zur Vereinheitlichung der Form der ortsüblichen Bekanntmachung von Allgemeinverfügungen der Landesdirektion Sachsen (Sächsisches Amtsblatt 2019, Nr. 22, S. 826) auf der Internetseite der Landesdirektion Sachsen unter Startseite | Das Bekanntmachungsportal der Landesdirektion Sachsen. Die vollständige Begründung kann unter der genannten Internetadresse und in den oben genannten Dienststellen der Landesdirektion Sachsen zu den üblichen Geschäftszeiten eingesehen werden (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 29. Mai 2018 – 1 KN 53/17 –, Rn. 21, juris). Die Allgemeinverfügung wird nachrichtlich im Sächsischen Amtsblatt wiedergegeben.
Bei der Bekanntgabe durch ortsübliche Bekanntmachung ist zu berücksichtigen, dass vorliegend der Adressatenkreis so groß ist, dass er, bezogen auf Zeit und Zweck der Regelung, vernünftigerweise nicht mehr in Form einer Einzelbekanntgabe angesprochen werden kann. Von einer Anhörung wurde daher auf der Grundlage des § 28 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG abgesehen.
Zu 6.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 11 Abs. 1 Nr. 5 des Verwaltungskostengesetzes des Freistaates Sachsen (SächsVwKG).
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe schriftlich oder zur Niederschrift Widerspruch eingelegt werden bei der Landesdirektion Sachsen, Altchemnitzer Straße 41, 09120 Chemnitz, oder den Dienststellen der Landesdirektion Sachsen in Dresden, Stauffenbergallee 2, 01099 Dresden, oder in Leipzig, Braustraße 2, 04107 Leipzig. Die Schriftform kann durch die elektronische Form ersetzt werden. Der elektronischen Form genügt ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Die Schriftform kann auch ersetzt werden durch Versendung eines elektronischen Dokuments mit der Versandart nach
§ 5 Abs. 5 des De-Mail-Gesetzes. Die Adressen und die technischen Anforderungen für die Übermittlung elektronischer Dokumente sind über die Internetseite www.lds.sachsen.de/kontakt abrufbar.
Dresden, den 1. August 2023
Landesdirektion Sachsen
Dr. Tobias Elflein
In Stellvertretung des Referatsleiters Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung
Rechtsgrundlagen:
- Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung einiger Rechtsakte im Bereich der Tiergesundheit („Tiergesundheitsrecht“)
- Delegierte Verordnung (EU) 2020/687 der Kommission vom 17. Dezember 2019 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich Vorschriften für die Prävention und Bekämpfung bestimmter gelisteter Seuchen
- Durchführungsverordnung (EU) 2023/594 der Kommission vom 16. März 2023 mit besonderen Maßnahmen zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest Gesetz zur Vorbeugung vor und Bekämpfung von Tierseuchen (Tiergesundheitsgesetz - TierGesG) in der Fassung vom 20. November 2019
- Verordnung zum Schutz gegen die Schweinepest und die Afrikanische Schweinepest (Schweinepest-Verordnung - SchwPestV) in der Fassung vom 7. April 2021
- Sächsisches Ausführungsgesetz zum Tiergesundheitsgesetz (SächsAGTierGesG) vom 9. Juli 2014 (SächsGVBl. S. 386)
- Gesetz zur Regelung des Verwaltungsverfahrens- und des Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen (SächsVwVfZG) vom 19. Mai 2010 (SächsGVBl. S. 142) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Juli 2013
- Verwaltungskostengesetz des Freistaates Sachsen (SächsVwKG) vom 5. April 2019 (SächsGVBl. S. 245) in der derzeit gültigen Fassung
Hinweis:
Als risikomindernde Behandlung für Getreide kommen unter anderem die folgenden Behandlungen in Betracht:
- für Wildschweine unzugängliche Lagerung über mindestens 6 Monate vor Verwendung als Futtermittel für Schweine
- Hitzebehandlung für mindestens 30 Minuten bei 70°C Kerntemperatur
- Trocknung und Hitzebehandlung über 10 Stunden bei 50°C Kerntemperatur und einer zusätzlichen Lagerzeit von mindestens 30 Tagen