Pharmazie
[09.05.2023] [26-5111/230/27]
Vollzug des Arzneimittelgesetzes (AMG)
Allgemeinverfügung
Verbringen von in der Bundesrepublik Deutschland nicht zugelassenen Arzneimitteln aus anderen EU-Mitgliedstaaten oder anderen EWR-Vertragsstaaten durch Arzneimittelgroßhändler
vom 9. Mai 2023
Die Landesdirektion Sachsen erlässt auf der Grundlage von § 79 Abs. 5 des Arzneimittelgesetzes (AMG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394), das zuletzt durch Artikel 8c des Gesetzes vom 20. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2793) geändert worden ist, und der Bekanntmachung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) vom 19. April 2023 (BAnz AT 25.04.2023 B4) folgende
Allgemeinverfügung:
Hinweise:
Der verbringende Arzneimittelgroßhändler hat die Freigabe der Chargen der verbrachten Arzneimittel zu überprüfen. Ziffer 5.4, Absatz 3, der Leitlinien vom 5. November 2013 für die gute Vertriebspraxis von Humanarzneimitteln (GDP-LL) ist für das gestattete Verbringen nicht ausgenommen.
Der verbringende Arzneimittelgroßhändler hat das Bestehen der Deckungsvorsorge nach § 94 AMG nachzuweisen. § 73 Abs. 7 AMG ist für das gestattete Verbringen ebenfalls nicht ausgenommen.
Widerspruch und Anfechtungsklage gegen diese Allgemeinverfügung haben gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), die zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 14. März 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 71) geändert worden ist, in Verbindung mit § 79 Abs. 6 Satz 2 AMG keine aufschiebende Wirkung.
Begründung:
I.
Das BMG hat am 19. April 2023 bekanntgemacht, dass nach Mitteilung des BfArM in Deutschland ein Versorgungsmangel mit antibiotikahaltigen Arzneimitteln in Form von Säften für Kinder besteht:
„Bei antibiotikahaltigen Arzneimitteln in Form von Säften für Kinder handelt es sich um Arzneimittel, die zur Vorbeugung oder Behandlung lebensbedrohlicher Erkrankungen eingesetzt werden. Für diese Arzneimittel steht oftmals keine alternative gleichwertige Arzneimitteltherapie zur Verfügung.“
II.
Wenn das zuständige Bundesministerium im Bundesanzeiger öffentlich bekanntmacht, dass ein Versorgungsmangel der Bevölkerung mit Arzneimitteln vorliegt, die zur Vorbeugung oder Behandlung lebensbedrohlicher Erkrankungen benötigt werden, kann die zuständige Behörde im Einzelfall gestatten, dass Arzneimittel, die nicht zum Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland zugelassen sind, befristet in Verkehr gebracht sowie abweichend von § 73 Abs. 1 AMG verbracht werden (gemäß § 79 Abs. 5 Sätze 5 und 6 in Verbindung mit Satz 1 Nrn. 1 und 2 AMG). Dies gilt nur, wenn die Arzneimittel in dem Staat rechtmäßig in Verkehr gebracht werden dürfen, aus dem sie verbracht werden (§ 79 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 AMG). Die zuständige Behörde kann im Falle eines Versorgungsmangels auch ein befristetes Abweichen von anderen Erlaubnis- oder Genehmigungserfordernissen des AMG gestatten (§ 79 Abs. 5 Satz 4 AMG). Die Maßnahmen der zuständigen Behörde sind auf das erforderliche Maß zu begrenzen und müssen angemessen sein, um den Gesundheitsgefahren zu begegnen, die durch den Versorgungsmangel hervorgerufen werden (gemäß § 79 Abs. 6 AMG).
Eine solche Bekanntmachung des BMG vom 19. April 2023 liegt vor.
Die Landesdirektion Sachsen ist sachlich und örtlich für den Vollzug des AMG im Freistaat Sachsen und somit auch für den Erlass dieser Allgemeinverfügung zuständig (gemäß § 6 des Sächsischen Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 25. November 2003 (SächsGVBl. S. 899), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 20. Dezember 2022 (SächsGVBl. S. 705) geändert worden ist, in Verbindung mit § 2 Absatz 1 Nummer 1 der Verordnung Heilberufe und Pharmazie vom 21. März 2006 (SächsGVBl. S. 73, 74), die zuletzt durch die Verordnung vom 4. Mai 2022 (SächsGVBl. S. 315) geändert worden ist).
Die vorliegende Gestattung der Landesdirektion Sachsen ist geeignet, erforderlich und angemessen, um dem Versorgungsmangel mit antibiotikahaltigen Arzneimitteln in Form von Säften für Kinder zu begegnen.
Durch das Verbringungsverbot nach § 73 AMG sollen einheitliche Qualitäts- und Sicherheitsstandards sichergestellt und die Umgehung der Zulassungs- und Registrierungsvorschriften verhindert werden.
Die vorliegende Allgemeinverfügung ist daher auf das Verbringen von antibiotikahaltigen Arzneimitteln in Form von Säften für Kinder durch Arzneimittelgroßhändler aus anderen EU-Mitgliedstaaten oder anderen EWR-Vertragsstaaten beschränkt, wenn die Arzneimittel in den anderen EU-Mitgliedstaaten oder anderen EWR-Vertragsstaaten rechtmäßig in Verkehr gebracht werden dürfen.
Die Wahrung einheitlicher Qualitäts- und Sicherheitsstandards wird durch die Überprüfung der Freigabe der Chargen der verbrachten Arzneimittel (gemäß GDP-LL, Ziffer 5.4, Absatz 3) und den Nachweis des Bestehens der Deckungsvorsorge nach § 94 AMG (gemäß § 73 Abs. 7 AMG) durch den verbringenden Arzneimittelgroßhändler sichergestellt.
Diese Allgemeinverfügung ist zeitlich befristet bis zum 9. Juni 2023, längstens jedoch bis das BfArM Maßnahmen nach § 52b Abs. 3d AMG oder § 4 MedBVSV für diese Arzneimittel in eigener Zuständigkeit ergreift, oder bis zu einer Bekanntmachung des BMG nach § 79 Abs. 5 AMG, dass der Versorgungsmangel an antibiotikahaltigen Arzneimitteln in Form von Säften für Kinder nicht mehr vorliegt, § 79 Abs. 6 Satz 1 AMG in Verbindung mit § 36 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG in Verbindung mit § 1 SächsVwVfZG. Diese auflösende Bedingung ist erforderlich, da durch Mitteilung der Beendigung des Versorgungsmangels an antibiotikahaltigen Arzneimitteln in Form von Säften für Kinder durch das BMG die rechtliche Grundlage für die Allgemeinverfügung entfällt.
Die Auflage, dass das Verbringen vorher bei der Landesdirektion Sachsen anzuzeigen ist, folgt aus § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG in Verbindung mit § 1 SächsVwVfZG. Diese Auflage ist erforderlich, um gegebenenfalls entsprechende Überwachungsmaßnahmen ergreifen zu können.
Der Widerrufsvorbehalt folgt aus § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG in Verbindung mit § 1 SächsVwVfZG und soll ein gegebenenfalls notwendiges Eingreifen der Überwachungsbehörde ermöglichen, sofern dies aus Gründen der Arzneimittelsicherheit erforderlich ist.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Allgemeinverfügung:
- Die Landesdirektion Sachsen gestattet den Arzneimittelgroßhändlern (den Inhabern einer Großhandelserlaubnis nach § 52a AMG) abweichend von den Vorschriften des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG das Verbringen von in der Bundesrepublik Deutschland nicht zugelassenen, antibiotikahaltigen Arzneimitteln in Form von Säften für Kinder aus anderen EU-Mitgliedstaaten oder anderen EWR-Vertragsstaaten, wenn die Arzneimittel in den anderen EU-Mitgliedstaaten oder anderen EWR-Vertragsstaaten rechtmäßig in Verkehr gebracht werden dürfen. Gleichzeitig wird das Inverkehrbringen der vorgenannten Arzneimittel gestattet, welches abweichend von § 21 Abs. 1 AMG, § 10 Abs. 1 AMG und § 11 Abs. 1 AMG erfolgt.
- Das Verbringen nach Ziffer 1 wird bis 9. Juni 2023 gestattet, längstens jedoch bis das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Maßnahmen nach § 52b Abs. 3d AMG oder § 4 MedBVSV für diese Arzneimittel in eigener Zuständigkeit ergreift, oder bis zu einer Bekanntmachung des BMG nach § 79 Abs. 5 AMG, dass der Versorgungsmangel an antibiotikahaltigen Arzneimitteln in Form von Säften für Kinder nicht mehr vorliegt.
- Das Verbringen nach Ziffer 1 ist der Landesdirektion Sachsen vorher anzuzeigen (per E-Mail ausreichend: Arzneimittelrisiken@lds.sachsen.de).
- Diese Allgemeinverfügung kann jederzeit ganz oder teilweise widerrufen werden.
- Diese Allgemeinverfügung wird öffentlich bekanntgemacht, indem sie auf der Internetseite der Landesdirektion Sachsen veröffentlicht wird. Ein Abdruck nachrichtlich im Sächsischen Amtsblatt wird nachgeholt, sobald dies möglich und soweit die Allgemeinverfügung nicht durch Zeitablauf gegenstandslos geworden ist. Sie gilt ab dem 10. Mai 2023 als bekanntgegeben.
Hinweise:
Der verbringende Arzneimittelgroßhändler hat die Freigabe der Chargen der verbrachten Arzneimittel zu überprüfen. Ziffer 5.4, Absatz 3, der Leitlinien vom 5. November 2013 für die gute Vertriebspraxis von Humanarzneimitteln (GDP-LL) ist für das gestattete Verbringen nicht ausgenommen.
Der verbringende Arzneimittelgroßhändler hat das Bestehen der Deckungsvorsorge nach § 94 AMG nachzuweisen. § 73 Abs. 7 AMG ist für das gestattete Verbringen ebenfalls nicht ausgenommen.
Widerspruch und Anfechtungsklage gegen diese Allgemeinverfügung haben gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), die zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 14. März 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 71) geändert worden ist, in Verbindung mit § 79 Abs. 6 Satz 2 AMG keine aufschiebende Wirkung.
Begründung:
I.
Das BMG hat am 19. April 2023 bekanntgemacht, dass nach Mitteilung des BfArM in Deutschland ein Versorgungsmangel mit antibiotikahaltigen Arzneimitteln in Form von Säften für Kinder besteht:
„Bei antibiotikahaltigen Arzneimitteln in Form von Säften für Kinder handelt es sich um Arzneimittel, die zur Vorbeugung oder Behandlung lebensbedrohlicher Erkrankungen eingesetzt werden. Für diese Arzneimittel steht oftmals keine alternative gleichwertige Arzneimitteltherapie zur Verfügung.“
II.
Wenn das zuständige Bundesministerium im Bundesanzeiger öffentlich bekanntmacht, dass ein Versorgungsmangel der Bevölkerung mit Arzneimitteln vorliegt, die zur Vorbeugung oder Behandlung lebensbedrohlicher Erkrankungen benötigt werden, kann die zuständige Behörde im Einzelfall gestatten, dass Arzneimittel, die nicht zum Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland zugelassen sind, befristet in Verkehr gebracht sowie abweichend von § 73 Abs. 1 AMG verbracht werden (gemäß § 79 Abs. 5 Sätze 5 und 6 in Verbindung mit Satz 1 Nrn. 1 und 2 AMG). Dies gilt nur, wenn die Arzneimittel in dem Staat rechtmäßig in Verkehr gebracht werden dürfen, aus dem sie verbracht werden (§ 79 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 AMG). Die zuständige Behörde kann im Falle eines Versorgungsmangels auch ein befristetes Abweichen von anderen Erlaubnis- oder Genehmigungserfordernissen des AMG gestatten (§ 79 Abs. 5 Satz 4 AMG). Die Maßnahmen der zuständigen Behörde sind auf das erforderliche Maß zu begrenzen und müssen angemessen sein, um den Gesundheitsgefahren zu begegnen, die durch den Versorgungsmangel hervorgerufen werden (gemäß § 79 Abs. 6 AMG).
Eine solche Bekanntmachung des BMG vom 19. April 2023 liegt vor.
Die Landesdirektion Sachsen ist sachlich und örtlich für den Vollzug des AMG im Freistaat Sachsen und somit auch für den Erlass dieser Allgemeinverfügung zuständig (gemäß § 6 des Sächsischen Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 25. November 2003 (SächsGVBl. S. 899), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 20. Dezember 2022 (SächsGVBl. S. 705) geändert worden ist, in Verbindung mit § 2 Absatz 1 Nummer 1 der Verordnung Heilberufe und Pharmazie vom 21. März 2006 (SächsGVBl. S. 73, 74), die zuletzt durch die Verordnung vom 4. Mai 2022 (SächsGVBl. S. 315) geändert worden ist).
Die vorliegende Gestattung der Landesdirektion Sachsen ist geeignet, erforderlich und angemessen, um dem Versorgungsmangel mit antibiotikahaltigen Arzneimitteln in Form von Säften für Kinder zu begegnen.
Durch das Verbringungsverbot nach § 73 AMG sollen einheitliche Qualitäts- und Sicherheitsstandards sichergestellt und die Umgehung der Zulassungs- und Registrierungsvorschriften verhindert werden.
Die vorliegende Allgemeinverfügung ist daher auf das Verbringen von antibiotikahaltigen Arzneimitteln in Form von Säften für Kinder durch Arzneimittelgroßhändler aus anderen EU-Mitgliedstaaten oder anderen EWR-Vertragsstaaten beschränkt, wenn die Arzneimittel in den anderen EU-Mitgliedstaaten oder anderen EWR-Vertragsstaaten rechtmäßig in Verkehr gebracht werden dürfen.
Die Wahrung einheitlicher Qualitäts- und Sicherheitsstandards wird durch die Überprüfung der Freigabe der Chargen der verbrachten Arzneimittel (gemäß GDP-LL, Ziffer 5.4, Absatz 3) und den Nachweis des Bestehens der Deckungsvorsorge nach § 94 AMG (gemäß § 73 Abs. 7 AMG) durch den verbringenden Arzneimittelgroßhändler sichergestellt.
Diese Allgemeinverfügung ist zeitlich befristet bis zum 9. Juni 2023, längstens jedoch bis das BfArM Maßnahmen nach § 52b Abs. 3d AMG oder § 4 MedBVSV für diese Arzneimittel in eigener Zuständigkeit ergreift, oder bis zu einer Bekanntmachung des BMG nach § 79 Abs. 5 AMG, dass der Versorgungsmangel an antibiotikahaltigen Arzneimitteln in Form von Säften für Kinder nicht mehr vorliegt, § 79 Abs. 6 Satz 1 AMG in Verbindung mit § 36 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG in Verbindung mit § 1 SächsVwVfZG. Diese auflösende Bedingung ist erforderlich, da durch Mitteilung der Beendigung des Versorgungsmangels an antibiotikahaltigen Arzneimitteln in Form von Säften für Kinder durch das BMG die rechtliche Grundlage für die Allgemeinverfügung entfällt.
Die Auflage, dass das Verbringen vorher bei der Landesdirektion Sachsen anzuzeigen ist, folgt aus § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG in Verbindung mit § 1 SächsVwVfZG. Diese Auflage ist erforderlich, um gegebenenfalls entsprechende Überwachungsmaßnahmen ergreifen zu können.
Der Widerrufsvorbehalt folgt aus § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG in Verbindung mit § 1 SächsVwVfZG und soll ein gegebenenfalls notwendiges Eingreifen der Überwachungsbehörde ermöglichen, sofern dies aus Gründen der Arzneimittelsicherheit erforderlich ist.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach ihrer Bekanntgabe schriftlich oder zur Niederschrift Widerspruch eingelegt werden bei der Landesdirektion Sachsen, Altchemnitzer Straße 41, 09120 Chemnitz, oder den Dienststellen der Landesdirektion Sachsen in Dresden, Stauffenbergallee 2, 01099 Dresden, oder in Leipzig, Braustraße 2, 04107 Leipzig. Die Schriftform kann durch die elektronische Form ersetzt werden. Der elektronischen Form genügt ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Die Schriftform kann auch ersetzt werden durch Versendung eines elektronischen Dokuments mit der Versandart nach § 5 Abs. 5 De-Mail-G. Die Adressen und die technischen Anforderungen für die Übermittlung elektronischer Dokumente sind über die Internetseite www.lds.sachsen.de/kontakt abrufbar.
Leipzig, den 9. Mai 2023
Marion Reinhardt
Referatsleiterin | Referat 26 - Pharmazie, GMP-Inspektorat
Marion Reinhardt
Referatsleiterin | Referat 26 - Pharmazie, GMP-Inspektorat